Kunsthaus-Erweiterung in Zürich

Ein städtebaulicher Sündenfall welcher den Heimplatz für den Rest seiner Existenz verunstaltet. Er ist das Resultat einerseits unsorgfältiger Wettbewerbsvorbereitung, sowie von totaler Ignoranz städtebaulicher Zusammenhänge von Seiten der Fach- und Sachjurymitglieder :

Eine, in Beton gegossene und Sandstein verkleidete, irreversible Tatsache.

Im Gegensatz dazu, sind die politischen, moralischen, und rechtlichen Bedenken, sprich Polemiken gegenüber der E. G. Bührle Sammlung unbedeutend; – weil sich dieses Problem , sowohl, politisch, rechtlich, pekuniär, und nicht zuletzt, auch zeitlich und räumlich lösen oder relativieren lässt. Bereits hat die NZZ , am 24. Nov. 2021 im neuen Kunsthaus, zum hundertsten “NZZ Podium” begonnen die Bührle Frage indirekt und direkt zu relativieren…

Situation in Bezug zum Heimplatz

Beim Flanieren entlang der sogenannten Kulturmeile vom Bellevue die Rämistrasse hoch in Richtung Hochschulgebiet verschlägt einem beim Erreichen des Zeltwegs linker Hand die Wuchtigkeit des neuen Kunsthauses den Atem. Beim Blick über die Hottinger Strasse hinweg, fällt auf, dass die keilförmig ansteigende Seitenfassade keinerlei Bezug zur Heimplatz-Fassade aufweist, obwohl sie zum gleichen Volumen gehört. Genau betrachtet, wurde der Kunsthaus-Quader wie ein Kinderbauklötzchen einfach horizontal in die schiefe Topographie-Ebene hineingedrückt.

Fussgängerperspektive
Sicht von Kreuzung Hottinger / Rämistrasse

Aus der Fussgängerperspektive bewirkt diese Volumensetzung eine optische Täuschung der Fassadenlängen. Die Seitenfassade zur Rämistrasse wirkt im Verhältnis zur Hauptfassade am Heimplatz kürzer, obwohl der Grundriss quadratisch ist – eine weitere Irritation, die den Platz beeinträchtigt.

Städtebaulich zählt vor allem die Form und die Setzung des Volumens im räumlichen Kontext aus der Fussgängerperspektive, die Materialisierung ist an diesem Ort lediglich ein “Appliqué

Als beispielhafter Gegensatz dazu sei die Alte Kantonsschule etwas weiter bergwärts genannt. Obwohl ebenfalls ein Quader, wirkt der Bau harmonisch, weil er auf einer Zikkurat-ähnlichen Plattform mit genügend Freiraum zur Umgebung ruht und so in den urbanen Kontext integriert ist.

Alte Kantonsschule, aus dem Internet

Sicht Rämistrasse

Sicht Rämistrasse auf den Garten der Kunst

Sicht von der Hottingerstrasse
Sicht vom bestehenden Kunsthaus Restaurant

Der Kunsthaus-Quader hingegen ist dicht an den Strassenrand gesetzt, was in der horizontalen Ebene zwar einen Bezug zu den Nachbargebäuden herstellt, diesen aber in der Vertikale durch die zu grosse Gebäudehöhe im Verhältnis zu den Nachbargebäuden an der Rämistrasse und zur Kantonsschulstrasse wieder zunichtemacht.

Auch mit dem bestehenden Kunsthaus ergibt sich kein räumlicher Dialog. Zum einen ist die disproportional flächige, erdgebundene Heimplatz-Front mit den schwarzen Rasterlöchern zu verschlossen. Zum anderen stösst der zu helle Sandstein das Auge wie eine Festungsmauer eher ab, statt es einladend auf sich zu ziehen. Die durchgehend vertikale Lisenen-Verkleidung unterstreicht noch die Wucht dieser Wand und ihre Erdverankerung, während die horizontalen Deckenvorsprung-Attrappen den Quader-Einschub in die schiefe Topographie hervorheben; dadurch steigern sie dessen autistische Schwerfälligkeit zusätzlich und legen die willkürliche Positionierung in den im Masterplan nicht durchdachten Wettbewerbsperimeter offen.

Kurzum, diesem Bau fehlt die wichtigste Eigenschaft für eine gelungene Integration in diesen spezifischen Zürcher Kontext: der menschliche Massstab. Ja, sogar ein Gefühl des Unbehagens strahlt dieses Bauwerk aus. Ganz im Widerspruch zum Zweck eines Hauses, dessen Exponate die sinnliche Wahrnehmung, sprich die Gefühle der Menschen ansprechen sollen.

Sicht Kreuzung Rämistrasse / Hottingerstrasse

Bild oben: Tagsüber sind die Lichtöffnungen von aussen schwarz, Nachts wenn niemand im Kunsthaus ist, müssten diese Räume belichtet werden, damit diese Lichtöffnungen von Aussen ihre Wirkung zeigen; -” nicht gerade nachhaltig” .

Pfisterbau aus dem Internet, einladendes Flair

Warum fügt sich der Pfister-Bau des bestehenden Kunsthauses trotz seiner Grösse problemlos in seine Umgebung ein? Die Antwort: Weil sein rechteckiger Grundriss und die Transparenz des Sockelgeschosses ihm im Gegensatz zum schwerfälligen Viereck des Chipperfield-Baus eine einladende Dialogbereitschaft mit seiner Umgebung verleiht.

Augsburg, aus dem Internet

Ein gedanklicher Ausflug auf den Augsburger Rathausplatz mag dies veranschaulichen. Das selbst für heutige Zeiten sehr grosse Rathaus gliedert sich in Bezug auf die benachbarten, viel kleineren Gebäude bestens in das urbane Netz ein. Woran liegt es, dass der grosse Bau die räumliche Ästhetik des Platzes fixiert, ja sogar steigert? Es liegt daran, dass seine Proportionen stimmen und seine Fassade, obwohl ebenfalls flächig und erdgebunden, gastfreundlich ist und eine einladende Ausstrahlung hat.

Ebenso verhält es sich mit dem Center Pompidou in Paris, das sich trotz seiner Überdimension zum Quartier bestens in den Kontext integriert.  Zudem wirkt die ortsfremde Hightech-Materialisierung sowohl anziehend als auch als willkommener Kontrapunkt zum Quartierflair. Gründe, dass dies gelingt, gibt es genau genommen zwei: die ebene Topographie und der strenge Blockrandraster, der sich durch das ganze Quartier zieht. Wird ein solches, städtebaulich sehr wirksame System eingehalten, bedeuten Ausnahmen eine willkommene Ergänzung.

Innerhalb eines konsequent durchgezogenes Systems in der Ebene, sind Massstabssprünge möglich.

Aerial flying over Paris France looking at the city below and Le Centre Pompidou, the streets, buildings, people walking around and surrounding area, view from a helicopter as camera zooms out slowly as helicopter flies away from the museum on a beautiful clear late afternoon before sunset, aus dem Internet,

Nun ist allerdings die städtebauliche Ausgangslage beim Heimplatz im Vergleich zum ebenen Pariser Blockrandraster viel komplizierter (Streubauweise) . Hier genügt es nicht, den verfügbaren Bauplatz ohne vorgängig tiefere Kontextüberlegungen funktionsgerecht von Baulinie zu Baulinie zu überbauen und dann den Mangel an Denk-Vorarbeit mit Hilfe teurer, kontextassimilierender Fassadenverkleidung, sprich Dekoration, kaschieren zu wollen.

Das Resultat dieser Vorgehensweise liegt nun vor:  Der Chipperfield-Bau «verschwimmt» in situativer Unbestimmtheit. Er ist weder Solitär noch Teil des urbanen Kontexts, was irritiert und nichts anderes übriglässt, als ihn in die Kategorie Zwitter einzuordnen. Im städtebaulichen Kontext ist die Heimplatz-Fassade einerseits zu hoch und zu breit, andererseits aber wieder zu niedrig, um dem Raum Heimplatz einen optischen Anker zu bieten. Auch die beiden Strassen, die den Heimplatz queren, haben keinen Einfluss auf die dürftige Raumbildung des Platzes insgesamt.

Ein Versuch, die umgebenen Gebäude wenigstens bei Dunkelheit zusammenzuhalten, wenn es schon bei Tageslicht nicht funktioniert, ist die an eine Gottesanbeterin erinnernde links abgebildete Lichtinstallationssäule. Obschon auch bei diesem Objekt Zweifel aufkommen; – ob es nicht eleganter gewesen wäre, die Scheinwerfer direkt am bestehenden Elektrokandelaber anzubringen, anstatt den überladenen Heimplatz weiter zu strapazieren: Dazu kommt, dass diese «Skulptur» unsensibel gegenüber dem Ignaz Heim Denkmal auftritt, welches einer früheren Stilrichtung angehöhrt.

An dieser Stelle sei klargestellt, dass es hier nicht um ein weit verbreitetes Vorurteil über «Kistenbauten», geht sondern: Wie dieser Bau in den Umgebungskontext gesetzt ist. Ein Quader hat, ähnlich wie ein Obelisk, eine gleichmässige optische Ausstrahlung, die nach allen Seiten gleiche Abstände erfordert. Ein gutes Beispiel dazu, ist das Kunstmuseum Chur, dieser Bau «sitzt» ohne sich den Umgebungsbauten einzuschmeicheln.

Kunstmuseum Chur , aus dem Internet, dieser Bau “sitzt” in seiner Situation.

Auch ein Quader aber in der Ebene, gleich der Alten Kantonschule in Zürich.

Situation in Bezug zum «Garten der Kunst»

Spaziert man nach dem Überqueren der Hottingerstrasse entlang der «Kulturmeile» bergwärts weiter, folgen auf der rechten Seite der Rämistrasse zunächst eine Apotheke und anschliessend eine Kunstgalerie als Hingucker. Dagegen erhebt sich als Nichthingucker auf der linken Strassenseite die geschlossene, keilförmige Wand des neuen Kunsthausbaus, an deren Ende die überbreiten Hecken die Terrainanpassungen kaschieren sollen. Einen schmalen Einblick in den eigentlichen «Garten der Kunst» gibt es zwischen dieser und einer zweiten Grosshecke an der Rämistrasse: ein Grund hinüberzugehen, um einen Blick auf die Skulpturen zu werfen.

Nordfassade Garten der Kunst im Schatten

Notwendige Terrainanpassungen müssen durch überbreite Hecken kaschiert werden

Nordfassade Garten der Kunst im Schatten,

Ob sich dieser Ort im Schatten der Nordfassade zwischen allseitigen dichten Hecken zum Verweilort entwickeln wird, ist eher zu bezweifeln. Die Atmosphäre des kleinen geschlossenen Skulpturengartens neben dem Pfister-Bau wird er nicht erreichen, geschweige denn die des MOMA-Gartens vor der spannenden New Yorker Kulisse oder jene der Fondation Maeght in St. Paul de Vence mit ihrem mediterranen Flair.

Skulptur Garten MOMA, lauschiger Aussenraum, aus dem Internet
Skulptur Garten Fondation Maeght lauschiger Aussenraum, aus dem Internet
Skulptur Garten des bestehenden Kunsthauses, lauschiger Aussen-Raum

Der «Restpark» zwischen dem «Garten der Kunst» und der Treppe der Alten Kantonschule erscheint überdimensioniert und dürfte höchstens als Veloparkplatz eine Funktion finden, ist er doch als Aufenthaltsort im Vergleich zur sonnenorientierten Treppe der Alten Kantonsschule ziemlich unattraktiv.

Der zukünftige Veloparkplatz für die Uni und Kanti, überdimensionierte und fragwürdige Querverbindung

Reaktionen nach Bekanntgabe der Wettbewerbsresultate

Nicht unbegründet, hagelte es nach der Veröffentlichung der Wettbewerbsresultate von verschiedenen Seiten Kritik, und zwar fundierte:

Unter anderen:

  • Von Roman Hollenstein am 16. Dezember 2008 in der NZZ:  «Er ist eine Enttäuschung, der Wettbewerbsentscheid in Sachen Kunsthaus-Erweiterung. David Chipperfields siegreicher Palazzo, der mit seiner gravitätischen Erscheinung und seinem Volumen das städtische Gefüge am Heimplatz zu sprengen droht, vermag keine Begeisterungsstürme zu entfesseln.»
  • Von Benedikt Loderer im Hochparterre 1-2/2009: »[…] Problematisch sind die Dimensionen des Chipperfield-Baus mit seiner durchgehenden Traufhöhe von 18 Metern, welche die anderen Bauten am Heimplatz erdrücken werden. […] die Passanten und Besucher werden vor einer den Platz abschliessenden Wand stehen.»
  • Vom Heimatschutz am 4. Februar 2013: «Das Siegerprojekt von David Chipperfield vermag auch aus architektonischer und städtebaulicher Sicht weder zu begeistern noch zu überzeugen. […] Es ist zu gross, zu wenig gegliedert und erdrückt die Umgebung […].«
Situation mit dem Wettbewerbsperimeter in gelb, aus dem Internet

Wie konnte es soweit kommen?

Dieses Projekt ist einerseits das Ergebnis unsorgfältiger Wettbewerbsvorbereitung, denn es war bereits in den vorgängigen Machbarkeitsstudien voraussehbar, dass der ausgeschiedene Bau-Perimeter für das gewünschte Bauprogramm zu knapp ist.

Anderseits zeugt die Reaktion von Preisgericht und Politik auf die eingegangenen Kritiken von mangelnder Erkenntnisbereitschaft. Es darf an dieser Stelle klar gesagt werden, dass hier das Fachpreisgericht seine Verantwortung für das grösste Kulturgut eines Landes, nämlich seine Städte, nicht wahrgenommen hat! Es ist achtlos, in dieser sensiblen Zone, ohne mögliches nachträgliches Verbesserungspotential ein derart disproportionales, wuchtiges Gebilde hinzustellen, das den Ort für Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte verbaut. Spätestens nach Erscheinen der öffentlichen Kritiken und sogar Einsprachen, hätte das Fachpreisgericht und die Politik sich einsichtig zeigen sollen und den Wettbewerbsperimeter anpassen damit die ersten Preisträger mit erweiterten Vorgaben nochmals über die Bücher hätten gehen können. Es geht hier um den Heimplatz und nicht um eine Gewerbezone! Dieser exklusive Standort hätte definitiv mehr geistigen Einsatz vor Baubeginn verdient,.

Reaktionen nach Abschluss des Baus

Nach Abschluss des Baus beschreiben ihn Zürcher Tageszeitungen und Fachzeitschriften mit folgenden gekürzten Worten:

  • NZZ vom 03. 12. 2019: […] der grazile Klotz am Heimplatz, von feiner Profilierung der Oberfläche ist die Rede […]
  • NZZ vom 12.12.2020: […] das Kunsthaus fasziniert dank seinen Zwischenräumen, im Innern wie im Stadtraum […]
  • Tagesanzeiger vom 28. 02. 2020: […] ein filigranes Haus von geradezu klassischer Schönheit […]
  • Tagesanzeiger vom 12.12.2020: […]Ein neues Tor zum Hochschulquartier[…]
  • Limmattaler Zeitung vom 12.12.2020: […] von schlichter Eleganz von Stein und Messing […]
  • Tec 21 vom 18.12.2020: Seite 29 […] Der Erweiterungsbau (Neubau) ist zwar das grösste Gebäude am Platz- ihr ruhiger Ausdruck nimmt den Neubau jedoch zurück [……] Dennoch ist zu bemerken, dass die Wucht des Baukörpers den gewünschten Dialog mit dem Aussenraum gerade im Vergleich zu den anderen Bauten rundum den Platz erschwert. […]
  • Architektur und Technik vom 23. 11. 2020: […] Der streng rechtwinklige Entwurf wirkt wie eine grosse Schachtel, die in den Hang hineingeschoben ist. […]
  • SWI swissinfo.ch 23.11.2020: […] monumental massig und doch anmutig […]
  • Die Zeitschrift Archithese vom 11.12.2020 spricht das grosse Volumen an und der Projektverfasser sieht sich zur Rechtfertigung gezwungen: ein schlechtes Zeichen, denn gelungene Architektur bzw. gelungener Städtebau benötigt keine Apologie.
  • Werk Bauen und Wohnen vom November 2020 im Editorial […] Ihr hermetischer Ausdruck ist im Grund das Gegenteil des Urbanen […]
  • Hochparterre in seinem Blog vom 15.12.2020: […] Der Begriff «kompakter Baukörper», der in diesem Zusammenhang fällt, entbehrt mit Blick auf den riesigen Quader nicht einer gewissen Ironie. 12 Jahre hat das Gebäude gebraucht, um Realität zu werden, 13 Jahre werden es bei der Eröffnung sein. Natürlich würde man es heute anders entwerfen […]

Die Tageszeitungen werten den Neubau kontextlos- und materialbezogen. Diese isolierende Betrachtung lässt tief blicken und ist Zeichen nicht hundertprozentiger Überzeugung vom Resultat. Zwischen den Zeilen scheint der Hintergedanke auf: Es ist nun mal da, schreiben wir es schön, mit der Zeit gewöhnt sich Zürich daran.

Die Fachzeitschriften sind etwas mutiger, aber auch diese bleiben mehr oder weniger bei der simplen Beschreibung dessen, was sie auf den ersten Blick sehen, und dessen, was ihnen die Bauherrschaft mitgeteilt hat.

Rekapitulation

Die ursprünglichen Wettbewerbsziele gemäss Bericht des Preisgerichts

An dieser Stelle seien nochmals die im Bericht des Preisgerichts auf der Seite 8 aufgeführten Wettbewerbsziele der gleichen Reihenfolge nach genannt:

«Erwartet werden grundsätzlich

  1. Eine städtebaulich, architektonisch und aussenräumlich besonders qualitätsvolle und zeitgemässe Kunsthaus-Erweiterung sowie eine attraktive Neugestaltung der angrenzenden öffentlichen Räume, insbesondere des Gartens der Kunst.
  2. Ein optimales Museumlayout für Kunst und Publikum, das das vorgeschriebene Raumprogramm und die formulierten betrieblichen Abforderungen bestmöglich umsetzt sowie eine bezüglich Raumerlebnis und Lichtführung herausragende Museumsgestaltung.
  3. Ein wirtschaftlich vorbildliches Projekt, das niedrige Erstellungskosten sowie einen kostengünstigen Betrieb und Unterhalt erwarten lässt.
  4. Ein ökologisch nachhaltiges Projekt, das über den gesamten Lebenszyklus auf die Ziele der 2000-Watt Gesellschaft ausgerichtet ist. «

Bilanz

Die Liste macht das Problem deutlich: Das erste und oberste Ziel, nämlich guter Städtebau wurde nicht erreicht, was alle übrigen Ziele auf die Plätze ferner liefen verwies. Um das Zürcher Selbstbewusstsein nicht zu verletzen, musste sich die Presse nach Abschluss des Baus den ferner liefen Ziele widmen, die um Grunde lediglich dem heutigen Stand der Technik in Ländern mit hohem Standard entspricht. Diskrete Materialkombinationen rund um Sichtbeton sind längst Allgemeingut, sogar in Shopping Malls, sei es in Singapur, Dubai oder São Paulo.

Die breite Treppe führt nicht zu Apotheose sondern an einen vertikalen Betonraster, also ein Bluff , aus dem Internet
Hinter dieser Wand verbirgt sich ein Café, ohne optischen Bezug zum Aussenraum , aber ein blendend reflektierenden Boden Belag.

Auch die öffentlich zugängliche, über alle Stockwerke reichende Verteilhalle, in altbekannter «Weniger ist mehr» – Materialisierung, verfehlt den beabsichtigten Überraschungseffekt beim Betreten des Gebäudes, den sie ist bereits draussen vom Heimplatz durch den Sandsteinraster vollständig lesbar ist. Dem Heimplatz selbst bringt sie allerdings auch keinen Mehrwert. Schade für den Heimplatz schade für die Stadt Zürich, schade für die Kulturmeile. An diesem Ort wurde eine riesige Chance verpasst.

Die Verantwortlichen :

Die Lektion daraus: «Qualitätsvoller Städtebau» erträgt nun mal keine Kompromisse !

Die Geldschöpfung und die Illusion des stetigen Wachstums

quantitative easing der SNB

Den Grundsatz, Geldschöpfung sei zuerst realwirtschaftlich zu erarbeiten, hat die Finanzwirtschaft längst ausgehebelt. Es wird Zeit, sich diese Tatsache bewusst zu machen und über die Entkoppelung der Geldschöpfung vom BIP-Wachstum nachzudenken.

Unser Wirtschaftsmodell ist, im Klartext, zum Schneeballsystem verkommen. Zwar ist diese Erkenntnis angesichts der weltweit exponentiellen Bevölkerungszunahme, des damit einhergehenden Wachstumszwangs und der sich dadurch beschleunigenden Klimaveränderung erst einer Minderheit bewusst, nicht aber der grossen Mehrheit.  Dafür sorgen nicht zuletzt die Medien mit ihren fast täglichen Klagen, wenn die BIP- Wachstumsraten auch nur leicht ins Stocken geraten. Tunlichst vermeidet die Politik das Wort Schneeballsystem, um ihre diesbezügliche Ohnmacht zu verbergen, und thematisiert lediglich die Auswirkungen, namentlich die Klimaveränderung, ohne deren Ursache zu erwähnen, den Wachstumszwang. Im Laufe der Globalisierung haben sich die Länderökonomien dermaßen vernetzt, dass Störungen in einer Region sich auf die ganze Welt auswirken, was zu Arbeitslosigkeit, Armut und gar gewaltsamen Konflikten führen kann. Die Erwartungen der Anleger und Rentenfonds haben die «freie Marktwirtschaft» zur «Zwangswirtschaft» verkommen lassen und die Menschen zu Getriebenen gemacht. Das für den Systemerhalt nötige Wachstum steht im Widerspruch zur Endlichkeit der Ressourcen. Kaum jemand hat den Mut, diese Problematik öffentlich auszusprechen. Die Sozialpolitiker beschwichtigen mit der Prognose, die Bevölkerungszahlen würden sich mit der ökonomischen Entwicklung automatisch zurückbilden, was jedoch den Punkt nicht trifft: Auch in hochentwickelten Ländern wächst die Bevölkerung und die Dichte wird in manchen Zentren bereits als bedrohlich empfunden.

Dass all diese Erdenbürger im Zuge der vierten Industrierevolution bis zur Pension am realwirtschaftlichen Geldschöpfungsprozess teilhaben werden, ist höchst unwahrscheinlich. Denn dieser wird sich von der Skalierung des Gleichartigen weg und hin zu Qualitäts-Upgrade und Unterhalt verlagern und langsamer verlaufen als die bestehende Wachstumsökonomie. Auch die Finanzindustrie wird davon betroffen sein, baut sie doch direkt auf der Realwirtschaft auf. Das bedeutet, dass auch die Anlagemöglichkeiten und die darauf basierenden Spekulationsgeschäfte schrumpfen werden. Wovon werden all jene leben, die schon heute mit fünfzig meist unfreiwillig aus dem Arbeitsprozess ausscheiden? Was geschieht mit ihnen, zumal wir immer älter werden? Und die bestehenden Rentenmodelle schon jetzt unübersehbar am Kollabieren sind? Dabei wird sich die Lage noch weiter verschärfen, weil eine auf Innovation gründende, mehr Entwicklungszeit benötigende und somit kleinere Ersatzwirtschaft die hart erarbeiten Vorsorgegelder noch weniger als heute gewinnbringend aufnehmen kann.

Demgegenüber drängen sich Fragen auf: Wie ist es möglich, dass das Finanzvolumen die realwirtschaftliche Wertschöpfung um ein Mehrfaches übersteigt, dass aus Krisen gar Profit gezogen wird und die Notenbanken für Banken- und Deviseninterventionen Fiatgeld in Milliardenhöhen emittieren können, um das System zu stützen? Und dass derweil den Menschen eingeschärft wird, sich zu mehren, flexibel zu sein, sich laufend weiterzubilden, länger zu arbeiten und zu konsumieren, denn das Geld müsse zuerst «erarbeitet werden»? Und dass indessen eine Insider-Minorität ohne pekuniäre Einbussen von einem Börsenhype zum anderen surft?  

Statt Fiatgeld wie bis anhin für volkswirtschaftlich schädliche Spekulationen zu emittieren und Blasen durch die «unsichtbare Hand» platzen zu lassen, würde es sich – solange das Problem der übermäßigen Bevölkerungszunahme noch virulent ist – eher empfehlen, Fiatgeld für nützliche Zwecke auszugeben, genauer gesagt, Pensionierte direkt damit zu versorgen, und potentielle Negativanreize durch Regeln zu unterbinden. Damit wäre die Demografiedebatte ebenso vom Tisch wie die den wirtschaftlichen Output verteuernden progressiven Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge in die kollabierenden Sozialwerke. Auch das Inflationsproblem liesse sich durch die Kontrolle der im Umlauf stehenden «Fiatpensionsgelder» in den Griff bekommen: durch Emission in Funktion der lebenden und durch Immission (Zurückführung) in Funktion der Verstorbenen. Nicht zu vergessen, dass dieses schuldenfreie Fiatgeld die Wirtschaft am Laufen hielte, weil Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch das Wegfallen von obligatorischen Sozialabgaben liquider und konkurrenzfähiger würden.

Ganz im Sinne des klassischen Liberalismus ist es an der Zeit, die herrschenden Wirtschaftsdogmen, deren Sprachregelungen und die Geldtheorien von Grund auf neu zu denken. Denn Geld ist kein «Ding an sich», sondern für die Menschen da – und nicht umgekehrt, wie der manipulierte Zeitgeist uns laufend einbläut.

Heinrich O. Matthias

Hochbaudepartement Stadt Zürich , Hochchschulgebiet Zürich Zentrum

1. Roundtable- Veranstaltung vom 27.März 2017, organisiert von Hochbaudepartement der Stadt Zürich : Thema “Stadtraum und Vernetzung”

Die in der Presse vorausgegangenen Kommentare zu  diesen Roundtable Gruppenveranstltungen war: Dass diese lediglich eine Beruhigungspille für die Bevölkerung sei und am eigentlichen städtebaulichen Thema, – nämlich der sinnvollen Verteilung der Volumina im Raum, – vorbei , ein nutzloses  Volksgeplapper sein wird. – Und tatsächlich war dem auch so:  Es wurde einfach etwas gesagt: Dass etwas gesagt wurde.

Was nicht weiter erstaunt. Denn die Teilnehmer waren alle desinformiert, konkrete Pläne als Diskussionsunterlagen wurden nicht ausgehändigt und auch nicht an die Wand projeziert, ausser dem unten abgebildeten nichtssagenden Situationsplänchen, und auf Grund von diesem Plänchen, sollten die Teilnemer Ideen bringen wie die Räume zwischen den orangen Flächen (Gebäudevoluminas) ausgebildet werden könnten.  Auf die Grunsatzfrage, wie diese orangen Flächen, vernünftiger verteilt werden könnten, um nachher dann, über die Zwischenräme zu dirkutieren,  wie  eigentlich von der Planungslogik verlangt; – wollte der Stadtrat kategorisch nichts wissen. – Es erstaunt somit nicht , dass an diesem Abend , viel Unsinn erzeugt wurde.

Durchwegungvorschlag durch den Spitalkomplex  von der Gruppe ROT

Wie zum Beispiel von der Gruppe  ROT  welche;  die Problematik des unbelebten und eingeengten Spitalpark, dadurch zum Leben erwecken gedenkt,  wie die deren obige Skizze zeigt, in dem der ganze Spitalkomplex mit vier, in Richtung Spitalsack öffentlichen Durchwegungen erschlossen  werden soll…

Man stelle sich diesen Nonsense mal konkret vor:

Erstens: Wie wir alle längst wissen, ist die grösste Gefahr bei einem Spitalaufenthalt die Ansteckung durch einen Spitalinfekt, und nicht der chirurgische  Eingriff an sich.  Somit sind vom sanitärischen Standpunkt her gesehen,  öffentlche Durchwegungen wo weitere Viren in das Spital eingeschleppt werden können,  ein prinzipieller Widerspruch.

Zweitens: Speziell in der heutigen Zeit, sind auch Sicherheitsaspekte polizeilicher Art zu berücksichtigen. Leute die nichts mit dem Spital zu tun haben, sei es arbeitsmässig oder zum Besuch von Pazienten, bedeuten eine potentielle Gefahr für den Betrieb als Ganzes.

Drittens: Planungstechnisch und räumlich, gibt es grunsätzlich zwei Möglichkeiten solche Durchwegungen zu realisieren.
a) Die Durchwegung führt unter dem Spital hindurch, eine Art Tunnel,… das bedeutet vier Tunnels unter dem Spital hinduch.  .. Solche Tunnels sind ideale Vergewaltigungs-, Drogen- und Urinierorte, also ohne weiter in die Details zu gehen : ein no go,  a priori.
b) Die Durchwegungen führen, wegen der Hygiene hermetisch, auf Erdegschossebene mitten durch die verschieden Bertiebsorte, was würde dies bedeuten: Der Spitalberieb müsste in den verschieden Abteilungen diese Durchwegungskorridore mit je zwei Treppen und je zwei Aufzüge  ausgerüstet, – überwunden  werden. Ein weiterer logistischer Unsinn par excellence…

…….hat dies wohl, etwas mit dem “postfaktischen” Zeitgeist zu tun?  Ich überlasse es Euch, diesen Gedankengang weiter zu spinnen………………….

Der Urban-Zombie

Richti Areal in Wallisellen bei Zürich

Dass bei Stadterweiterungen, das aus dem vorlezten Jahrhundert stammende Konzept  des Blockrandes angewendet werden, ist im Prinzip richtig. Blockrandgebiete sind sehr beliebt man denke nur schon an Paris, Barcelona, den Kreis 4 in Zürich oder das Quartier Kleinbasel in Basel. Sie bringen, trotz der a prima Vista formalen Gleichheit, im Gegensatz zur formalen Vielfalt der Streubauweise, urbane Öffentlichkeit  in den Aussenraum und als Kontrast dazu nachbarliche Privatheit im Innenhof .

Barcelona System Blockrand

Barcelona  Blockrand als System (Foto aus dem Internet)

Paris System Blockrand

Paris Blockrand als System (Foto aus dem Internet)

Die Gretchenfrage lautet warum ist das so? Die  Antwort lautet: Es sind die für den Fussgänger wohldefinierten Aussenräume wie Strassen und Platze welche Geborgenheit erzeugen und somit zum aufenthalten einladen.  Die Sichtbeziehung der Bewohner zu den belebten Strassenräumen und zu den ruhigeren Innenhöfe sowie zu den Naschbargebäuden, welche ein Gefühl sowohl des Zu Hause Seins und zugleich auch des Dabei Seins erzeugen.  Bereichernd hinzu kommt noch die räumliche und volumetrische Hierarchieabwesenheit solcher Quartiere welche implizit ein Nachbarschaftsgefühl hervorrufen. Ein weiterer Effekt welcher die geschlossene Bauweise erzeugt ist die räumliche Führung der Fussgänger , sie sehen wohin sie sich bewegen, mit einem wohltuendem Gefühl nichts zu verpassen. – Eben weil sie  durch die Häuserfassaden geführt werden, und bei jeder Kreuzung entscheiden können in welcher Richtung sie gehen müssen oder flanieren können.  Und das sind  diese Interaktionsmöglichkeiten, von Fussgänger zu Fussgänger, von Fussgänger zu Automobilist, von Bewohner zu Bewohner, und Fussgänger zu Bewohner, Fussgänger zu Laden-, Restaurant-, oder Dienstleistungsbetreiber welche letztendlich Urbanität erzeugen. Zusammenfassend das grosse Plus der geschlossenen Siedlungstechnik ist eben dieses doppelte Erlebnis sowol der Urbanität gegen die Strassenseite wie auch der Privatheit gegen die Hofseite.

Beispiel Kreis 4 Zürich

Gutes Beispiel Kreis 4 Zürich , der Nachbarschaftsbtsbezug zur anderen Strassenseite ist möglich auch von  Wohnung zu  Wohnung Dies ist eine Frage der lokalen Masstäblichkeit .

Beispiel Paris

Gutes Beispiel Paris (Foto aus dem Internet)

Beispiel Mailand

Gutes Beispiel Mailand (Foto aus dem Internet)

Wie erlebt sich das Quartier Richti als Besucher?

Nachdem ich seit zwei Jahren, in der Presse und Büchern von Städtebautheoretikern gelesen habe, wie geplant werden muss, dass auch richtige Urbanität ensteht, – und in Wallisellen nun seit einiger Zeit ein solches Quartier steht,  wollte ich es mal wissen, und bin im September 2016 ca. um 15 Uhr, voller Vorfreude zuerst durch das quirlige  Glattzentrum in Richtung Richti Areal geschlendert, in der Hoffnung, laut Theorie, ein noch quirligeres Quartier Richti anzutreffen.  Kaum auf der anderen Strassenseite angekommen begegnete ich auf rechten Seite die blinde Schaufensterfront von einer Coop Filiale  und auf der linken Seite ebenfalls eine blinde Glaswand  anliegend an eine überdimensionierten Bar welche vollkommen leer war. In diesem Sinn geht es weiter Richtung Richtiplatz links und rechts und anschliessend, in der Richtiarkade sind die Schaufenster nicht blind. Hinter diesen befinden sich verschiedene Gastrobetriebe welche zum Teil vollkommen überdimensioniert wirken, – und  wegen der gähnenden Leere mit zum Nichtstun verurteiltes Servicepersonal bestückt sind. Gleich gegenüber dem Richtiplatz an einem strategischen Ort auf der rechten Seite befindet sich ebenfalls eine blinde Schaufensterfront einer Migrosbankfiliale.

Menschenleere Richtiarkade: Urban ??

Menschenleere Richtarkade

Menschenleere Richtarkade: Urban??

Menschenleere Richtiarkade

Menschenleere Richtiarkade: Urban??

Menschenleere Richtiakade

Menschenleere Richtiakade: Urban??

Die zwei kleineren städtebaulichen Kategorienfehler an diesem Ort: die Materialisierung und die Massstäblichkeit der Erdgeschosse

In der Einkaufsstrasse der sogenannten Richtiarkade zirkulieren fast keine Passanten und was sofort ins Auge sticht;  das  wirtschaftliche Niveau, der  Läden entspricht in keiner Weise der teuren Materialisierung der Ladengeschosse. Mit anderen Worten  das Erdgeschoss der  Überbaung Richti ist  “overdressed”.

Überinstrumentierte Fassadengestaltung im Erdgeschoss

Überinstrumentierte Fassadengestaltung im Erdgeschoss, der Suburbia. Diese Arkade führt in die “Pampa von Wallisellen. Ob diese Lokale jemals vermietet werden können ist höchst fraglich.

Nieveau der Ladenmieter in keinem Verhälnis zur teuren Materialisierung und Massstab der Erdgeschosse

Nieveau der Ladenmieter in keinem Verhälnis zur teuren Materialisierung und Massstab der Erdgeschosse. Ein Kleideränderungsatelier , – ein Verzweiflungsakt.

Auch die Dimensionen der Schaufenster mit den grossflächigen und teuer eingefassten Gläsern läd nicht zum reingehen ein. – Eigentlich dasselbe  Problem wie bei der Überbaung Europalee in Zürich und bei den Sunrisetowers in Oerlikon. – Hier wurde eindeutig ein Kategorienfehler in Bezug der Masstäblichkeit und der Materialisierung der Erdgeschosse begangen. – Wir befinden uns in Wallisellen und nicht in der Nachbarschft der Galleria Vitorio Emanuele in Mailand, auch nicht der Parkavenue in N.Y. oder der Ramblas in Barcelona. Die Erdgeschosse möchten gerne grosstädtisch wirken was föllig deplaziert ist, die Richtiarkade ist  Menschenleer und strahlt somit eine triste Zombie Urbanität aus. Die Migrosbank im Erdgeschoss eines an sich strategischen Punkt der Überbauung, mit seiner  abgedeckter Schaufensterfront, interpretiere ich als Verzweiflungsakt des Vermieters. Gesehen habe ich auch, dass im Erdgeschoss der Allianz mit der Einrichtung von Arztpraxen, weitere blinde Schaufenster am enstehen sind. – Es ist eine altbekannte Tatsache: tote Schaufenster sind für eine Einkaufsstrasse Gift, der Passant wechselt sofort die Strassenseite. Was an den Ladenfronten zu viel an Aufwand an Entwurf und Materialisierung  getrieben wurde, wäre  gescheiter in eine durchdachte Gestaltung der Fassaden der Obergeschosse und der Innehöfe investiert worden, diese sind allesammt trostlos. Vom Allinzgebäude ganz zu Schweigen, diese Fassaden sind in typisches Beispiel von einer Architekten Selbstverwiklichungsmentalität: – “Sich ja nicht dem Kontext anpassen, sonst publiziert niemand mein Oevre” – Neuerdings nennt man solche Architektur – “Birdshit architecture” –   Da tragen auch die Gehwegkurven im Rasen nichts zur Wohnlichkeit dieser bei; auch akustisch sind die Innenhöfe nicht durchdacht, man höhrt jedes Geflüster der gegenüberliegenden Wohnungsaussenräume.- Nicht um sonst sind auch diese Innenhöfe fast menschenleer.

Der grosse städtebauliche Kategorienfehler an diesem Ort: der Blockrand

Situation

Blockrandsolitär ohne Weiterentwicklungsmöglichkeit. (Foto aus Hochparterre 1.2/14)

Der Inbegriff von europäischer Urbanität ist der Blockrand. Damit ein Blockrand Urbanität erzeugt braucht es ein System, oder anders gesagt die Blockränder müssen sich über eine grössere Fläche addieren  um Synergien zu erzeugen, welche in sich genügend “Verkehr im weitesten Sinn” erzeugen  und so durch seine Lebendigkeit  auch Menschen von anderen Quartieren anzieht.  So wie es z.B. mit den Leuten welche in der Europalee in Zürich wohnen, aber  im Ausgang lieber in den lebendigen Kreis 4 gehen als in ein Restaurant im eigenen Quartier aufzusuchen. – Für die Erreichng von lebendigen Strassen gilt die goldene Regel: diese müssen immer von einem Ausgangspunkt zu einen Ziel führen oder auch vice versa. – Auch Manhattan ist, wenn auch ohne Inenhöfe ein System von Blockränder. – Und genau diese Systemlosigkeit ist der grosse Kategorienfehler beim Richtiareal. Das Richtiareal ist ein Blokrandsolitär, welcher auf alle 4 Seiten hin, ins Niemansland führt. Es gibt auch in Zukunft auf alle 4 Seiten hin, keine Andockmöglichkeiten für weitere Blockränder welche das Ganze zu einen System werden lassen könnte. Da teuscht auch das möchtegern “Mailandfeeling” nicht darüber hinweg, dass es sich hier lediglich um ein Suburb handelt, welcher nie richtig leben wird. Die Wohnungszugangstrassen Richtistrasse, Konradstrasse, Escherweg und der Favreweg, strahlen eine eimalige Langeweile aus, verursacht, durch die Menschenleere, Ziellosigkeit und abstossend wirkende Fassaden, welche keinen Hauch von menschlicher Nachbarschaft aufkommen lässt. Das gleiche Argument kann auch für die Fassaden der Innenhöfe der Blockränder gebracht werden. Mit Ausnahme des Konradhofes wo aber die Hofakustik vergessen wurde.

Typische unakttrative Seitenstrasse welche ins Nirgendwo führt

Typische unakttrative Seitenstrasse welche ins Nirgendwo führt, die Wohnungen welche auf diese ausgerichtet sind haben kein Urban –  sondern ein Suburbiafeeling.

Typische unakttrative Seitenstrasse welche ins Nirgendwo führt

Seitenstrasse entlang der Bahngeleise mit Hauporientierung gegen die tristen Innenhöfe , wo bleibt da das Urbane Versprechen?

Der urbane Ettiketenschwindel

Innenhof Konradhof die gestalterische Ausnahme

Innenhof Konradhof die gestalterische Ausnahme

Das Hauptaugument für die geschlossene Siedlungstechnick, also ist eben seine sich selbst generierende  Urbanität. Eine Eigenschaft welche bei offenen Siedlungstechniken nicht generiert werden kann, obwohl diese in Bezug auf Orientierung, Besonnung und Aussicht der geschlossenen Siedlungstechnik hoch überlegen ist. Bei den Blockränder gibt es a priori meistens nur eine Seite des  Vier-  oder Dreiecks welche in Bezug auf Aussicht, Besonnung previlegiert ist, die anderen Seiten sind unterprevilegiert.

Regelinnenhof mit Strafanstalt Athmosphäre

Regelinnenhof mit Strafanstalt Athmosphäre

Eine Unterprevilegierung jedoch, welche bei einem funktionierendem Blockrandquartier gerne in Kauf genommen wird, eben weil einem auf der Strassenseite das angenehme urbane Dabei Sein erwartet  und zum Hof hin das beruhigende nachbarschaftliche zu Hause Sein  erwartet. Eigenschaften , welche man auf den ganzen Richti Areal in keiner weise erleben kann und wird. – Somit ist das Projekt Richti ein Etikettenschwindel.

Die gleiche Problematik präsentiert sich in Dietikon ZH mit der Überbauung  Limmatfeld, ohne den Attraktor Migros, würde da nichts laufen. 

Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich: eine Wannabe Sculpture

 Vision nicht erreicht: schade !

Modell Erweiterung Landesmuseum Zürich

Modell Erweiterung Landesmuseum Zürich, Foto aus dem Internet

Die Erwartungen an die serpentinartige Form des Vorprojektes waren enorm, vor allem wenn man diese Serpentine auf Fussgängerhöhe neben der alltäglichen Seitenansicht simultan auch deren Aufsicht und Untersicht betrachten kann, wäre es vom Prinzip her nur konsequent gewesen , so wie im Vorprojekt angedeutet, dass diese „Skulptur“ konsequent auch wie eine Skulptur behandelt worden wäre. Das heisst, alle drei Ansichten hätten mit dem gleichen noblen Material durchgezogen werden sollen.

Ansicht Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich

Ansicht
Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich

Ansicht Februar 2016 Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich

Ansicht
Erweiterungsbau
Landesmuseum Zürich

Was nun da steht, ist gegenüber dem damals, als exzellent bewertete Wettbewerbseingabe, eine Enttäuschung.

Es wurde keine Skulptur sondern ein “extravagant” normales Gebäude hingestellt, mit einer alltäglichen Beton-Untersicht, wo am Übergang von Wand zu Untersicht, klar zum Ausdruck kommt, dass  die Tuffsteinimitation der Wände lediglich ein dünnes Appliqué ist. Und mit einem billig anmutenden „Eternit” Well Dach; welches die ganze, mit diesen einmaligen Vorhaben, aufgebrachten Anstrengung wieder zunichte macht. Auch der Übergang vom Altbau zu Neubau ist an diesem Ende (siehe Bild unten) der Serpentine durch den schiefen Winkelanschluss zu  grobschlächtig: Die elegante Leichtigkeit des Modells ist bei dessen Umsetzung in die Realität nicht gelungen.   – schade !

Ansicht im Februar 2016 Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich

Ansicht
Erweiterungsbau
Landesmuseum Zürich Foto aus dem Internet

Die chaotische Zersiedelung der Schweiz

Ein Grund für die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative !

Touristenrouten als Indikator
Als ich vor einiger Zeit, – um Zürich besser kennen zu lernen – einen Citytourbus zusammen mit Touristen aus Übersee bestieg, kam ich mir nach einer halben Stunde geprellt vor, gezeigt wurden lediglich die beiden Limmatquartiere und die Aussicht von der Politerasse, – eben nochmals lediglich die Sicht auf die beiden soeben vorgeführten Limmatquartiere. Dabei habe ich mir erhofft, dass auch die neu entstandenen und im entstehen befindlichen Quartiere in Zürich, über welche ich in den Architekturzeitschriften und Fachartikeln der Tageszeitungen nur Lob in höchsten Tönen gelesen habe, selbstverständlich auch gezeigt würden. – Auch in den Kopfhörern war nichts darüber zu hören. – Eigentlich bizarr – Vergleicht man aber die Citytours weiterer Europastädte, so stellt man fest, dass Zürich nicht die Ausnahme ist.

Voreilig könnte man die These aufwerfen: – “Touristen sind ohnehin nur Laien und verstehen nichts von zeitgenössischer Architektur und Urbanismus und somit sind diese nicht geeignet neuen Quartiere zu verstehen. – “Am besten ist, man zeigt den Leuten „Bilder“ welche sie bereits kennen, somit geht das Touristenunternehmen auch kein Risiko ein.“ – Diese These ist vom kommerziellen Standpunkt richtig, – am besten man setzt auf altbewährtes -. Aber vom kulturellen Standpunkt ist diese Haltung falsch, weil Architektur und Urbanismus für die ganze Gesellschaft gemacht wird und nicht nur für „Insiders“. Und die am Ort wohnhafte Bevölkerung gezwungen ist in den neuen Quartieren zu wohnen, zu arbeiten oder auch nur, diese tagtäglich anzuschauen.

Die Frage ist nun: Was haben die von den Tourismusveranstaltern gezeigten Stadtteile auch in andere Ländern gemeinsam, so dass es sich immer wieder lohnt nur diese zu zeigen? – Die Antwort beschränkt sich auf zwei Grundeigenschaften: erstens diese Stadteile weisen klar definierte, für den Fussgänger wahrnehmbare Aussenräume auf und zweitens besitzen diese eine durchgehende ablesbare, ordnende und hierarchielose Raumstruktur. Wo auch die Orte für städtebauliche Akzentuierungen planerisch klar vordefiniert wurden und die Materialisierung der Einzelbauten sich der Gesamtstruktur unterwerfen. – Und diejenigen Stadtteile welche nicht besucht werden besitzen diese beiden Grundeigenschaften eben nicht. In den nicht gezeigten,  baut jeder autistisch ohne Bezug zur Umgebung, sei es innerhalb einzelner Eigentumsparzellen, oder im grösseren Massstab mittels Arealbebauungen. Aus diesem Grunde sind diese Stadteile optisch beliebig und somit unattraktiv.

Wollerau_-_Zürichsee_IMG_8363

Wollerau

Brasil Slums

Slum in Rio de Janeiro

Die Uraschen von Chaos und Ordnung im ökonomischen Planungskontext
„Die Verteilung der Ressourcen in einer Volkswirtschaft unterliegt dem Naturgesetz welches besagt: dass ab einem gewissen Grad der Wohlstand des einen nur auf Kosten des anderen vergrössert werden kann.“ – Dieser mutmasslich von Vilfredo Pareto (Italienischer Oekonom 1848-1923) stammender Gedanke, trifft auch für die Stadtplanung und Architektur zu, weil diese auch Bestandteile der Volkswirtschaft sind und daraus lassen sich weitere Gedankengänge ableiten:
Was haben diese beiden Bilder links gemeinsam, und was trennt sie?
• Beide Bilder zeigen Hangbebauungen, das obere in einem hochentwickelten Land (Schweiz) und das untere in einem Schwellenland (Brasilien).
• Das obere Bild entstammt von einem sehr reichen Quartier und das untere von einem extrem armen Quartier.
• Die Bestandteile des oberen Quartiers wurden von Hochschulabsolventen bis ins letzte Detail „durchgestylt“, die Bestandteile des unteren Quartiers wurden von Semianalphabeten in Nachtschicht ad hoc selbst erbaut.
• Die Bestandteile des oberen Quartiers wurden mit teuersten Materialien hochgezogen, die Bestandteile der unteren Quartiers mit den billigsten, zum Teil mit Abbruchmaterialen und Gestohlenem erstellt.
• Die Bestandteile des oberen Quartiers wurden vorgängig zur Ausführung, einem intensiven Bewilligungsverfahren unterzogen, die Bestanteile des unteren Quartiers wurden über Nacht widerrechtlich erstellt.
• Die Bestandteile des oberen Quartiers wurden abgeschlossen, d.h. fertig gebaut, die Bestandteile des unteren Quartiers wurden, wegen mangelnden pekuniären Möglichkeiten unfertig belassen.
• Im oberen Quartier sind die Eigentumsverhältnisse bis zum letzten cm2 notariell festgehalten im unteren Quartier herrschen zum Teil Cosa Nostra ähnliche Verhältnisse.

Ästhetische Betrachtung
Trotz all diesen fundamentalen Gegensätzen: Herrscht von einer distanzierten und abstrahierten Sichtweise aus gesehen, im unteren Bild ein einheitliches Gesamtbild welches sich in die subtropische Landschaft einfügt, derweil im oberen Bild eine visuelle Unordnung herrscht und die sanfte Zürichseelandschaft verunstaltet. – Warum hat man diesen Eindruck? – Antwort: Weil das untere Bild ein System erkennen lässt, und im oberen  Bild ohne System und willkürlich vorgegangen wurde. – Eigentlich ein Paradoxon: unausgebildete Personen bauen mit System, währendem Hochschulabsolventen und innerhalb des streng gesetzlichen Rahmens, welcher ebenfalls von „hochqualifizierten“ Fachleuten erarbeitet wurde; anscheinend unsystematisch und willkürlich vorgegangen wird.

Methodologische Betrachtung
Wie kommt es zu solch widersprüchlichen Resultaten? – Ganz einfach: von der Metaebene aus analysiert, ist es die Freiheit der finanziellen und technischen Möglichkeiten im oberen Bild und die äusserst beschränkten Möglichkeiten im unteren Bild, welche den formalen Qualitätsunterschied ausmachen. – Angenommen die Slumbewohner hätten wenigstens die Mittel ihre Fassaden zu verputzen und zu streichen; hätte das untere Bild unzweideutig ein höheres ästhetische Niveau als das obere Bild, und die visuelle Integration des Quartiers in seiner Umgebung währe im unteren Bild noch harmonischer, was vom oberen Bild, trotz teurem Materialaufwand, nicht behauptet werden kann. Daraus kommt man zur Konklusion, dass die Beschränkung der Freiheit und der pekuniären Möglichkeiten zu systematischem Handeln zwingen, was implizit im landschaftlichen Kontext zu strukturell besseren Lösungen führt, als Planungsmethoden wo grosse technische und ökonomische Möglichkeiten vorhanden sind.

Saana

Saana mit System gebaut

Emmen / Luzern

Emmen / Luzern ohne System gebaut

 

 

 

 

 

 

Auch die beiden oberen Bilder zeigen die gleiche Problematik im linken Bild herrscht materialtechnische Beschränkung kombiniert mit klimatischen Notwendigkeiten, nebst weiteren ortspezifischen Gegebenheiten, welche zu einer bautechnischen und planerischen Tradition, sprich Kultur führten, die eine Harmonie ergeben, währendem das im rechten Bild das reinste Chaos herrscht, obwohl in einem Land wie der Schweiz wo jede Massnahme vorgängig der Ausführung unzähligen Durchgängen von Fachleuten unterzogen wurde.
Die beiden unteren Bilder zeigen die gleiche Problematik nur werden hier Stadtquartiere verglichen welche, im Gegensatz zu den vier vorhergehenden, den gleichen ökonomischen Entwicklungsstand aufweisen, – um hier nicht die Vorwand aufkommen zu lassen, dass eben bei den vorgängigen Vergleichen die eigentumsrechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in keiner Weise verglichen werden können – .

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Zürich West

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung
Zürich West

Typsches Beispiel urbaner Ordnung , New York,

Typsches Beispiel urbaner Ordnung , New York,

Das rechte Bild zeigt Manhattan und das Linke Bild zeigt, das in der hiesigen Presse und von Politikern apologetisch bezeichnete „Neues Trendquartier Zürich West“. – Ebenfalls hier ist eklatant, in Manhattan herrscht Urbane Ordnung die Aussenräume sind klar definiert und im Massstab auf Augenhöhe menschlich, obwohl der Gebäudehöhen. Währenddem in Zürich West eine urbane Unordnung mit undefinierten Aussenräume herrscht. Und was in Zürich West den sogenannten „Trend“ bewirkt, sind nicht die Neubauten und die erzeugten Aussenräume (alias nichterzeugten Aussenräume) und Funktionen, sondern die vorläufigen Zwischennutzungen der Abbruchliegenschaften, – ein „Trend“, – welcher; – das Quartier einmal fertig gebaut, verschwinden wird. Siehe dazu den unterdessen am 14. März 2016 erschienene Artikel in der NZZ “Zürich-West und der urbane Albtraum” , wobei hier zu bemerken ist, dass die Autoren dieses Artikels,  sich nicht über den Kern der Ursache bewusst sind,  (http://www.nzz.ch/zuerich/aktuell/nacht-und-kulturleben-nacht-und-kulturleben-ld.7415#kommentare).
Noch weitere Beispiele welche praktisch zeitgleich und in gleichen ökonomischen Verhältnissen am entstehen sind; wie Zürich Nord versus Hafenstadt Hamburg zeigen die gleiche Problematik, die urbane Qualität der Hafenstadt Hamburg ist unvergleichbar höher als Zürich Nord oder Limmatfeld in Dietikon.

Streubauweise: Die Ursünde der Raumplanung
Nicht umsonst, werden mit den Touristenbussen in Zürich die neu entstehenden Quartiere, auf die;- die hiesige Fachwelt immer wieder so stolz in den Medien berichtet, wie am Anfang erwähnt, gar nicht erst gezeigt. Gezeigt werden die linken und rechten Limmatquartiere und die Politerasse, von wo man diese beiden Limmatquartiere von oben nochmals sehen kann. Deswegen weil es in den neuen Quartieren ausser neu aufgestellten Renditeimmobilen nichts zu zeigen gibt; welche ein kohärentes städtebauliches Bild abgeben würden. Das heisst, in den neuen Quartieren ist kein städtebauliches Konzept vorhanden. Sie sind das Resultat von einer Aneinanderreihung von individuellen Gestaltungsplänen, ohne gestalterisch volumetrischen Bezug zueinander. Diese Gestaltungspläne wiederum werden in sich, durch Arealbebauungen zersplittert und zur Steigerung der sich anbahnenden Unordnung, werden diese Arealbebauungen mittels Wettbewerbe mit autistischen Einzelbauten bestückt, wie zum Beispiel beim Hunzikerareal in Oerlikon, wo auch das unverhältnismässig teure, mit einem kurzsichtig, unflexiblen und lediglich auf sich bezogenem Grundkonzept, erst neulich fertig  gestellte Schulhaus Leutschenbach steht. Und kurz nach dessen Einweihung bereits heute schon wieder zu klein ist und nun mit provisorischen Pavillonbauten ergänzt werden muss ; – eindeutig das Resultat unprofessioneller Voraussicht und Planung von Seiten der Bauherrschaft, und egoistisch nur auf das eigene Prestige bedachte architektonische Umsetzung von Seiten der Architekten, – auf Kosten des Steuerzahlers notabene.
Das triste Resultat von solchen Vorgehensweisen lässt sich in allen Agglomerationsgemeinden wie auch z. B. von Emmenbrücke (siehe Bild unten) bis Dietikon an der Limmat feststellen.

Emmenbruecke

Emmenbruecke Chaos par exelence

Zu den Ursachen
Nebst den Eigentums-verhältnissen; ist es im Grunde genommen, vor allem die hiesige Architekturtraditon, welche sich auf den individuellen Bau und nicht auf den Kontext fokussiert das Übel an dieser Situation. Denn dieser Denkansatz fördert den Egozentrismus und die Eitelkeit der Entwerfenden und der Investierenden auf Kosten des Kontextes, und somit auch auf Kosten des räumlichen Wohlbefindens der Allgemeinheit. Auch mit den Ausnahmeregelungen wie höhere Ausnützungsziffern und grössere Gebäudehöhen welche die Arealüberbauungen ermöglichen, ergibt sich für diese einen Mehrwert auf Kosten der Nachbarliegenschaften, welche diese Möglichkeit nicht haben. Diese Nachbarliegenschaften erleiden sogar einen Minderwert im Vergleich zum Zustand vor der Realisierung der nachbarschaftlichen Arealüberbauung. – Nicht ohne Grund werden Arealüberbauungen heftig von den jeweiligen Nachbarn mittels Einsprachen bekämpft.

Rautistrasse Zürich

Rautistrasse Zürich Mehrwert auf Kosten der Nachbarschaft

Mehrwert auf Kosten der Nachbarschaft Höngg Zürich

Mehrwert auf Kosten der Nachbarschaft Höngg Zürich *

typisches Beispiel planerischer Willkür zusammenhangslose Adition von beliebigen Arealbebauungen Neu Affoltern

Typisches Beispiel planerischer Willkür, zusammenhangslose Addition von beliebigen Arealbebauungen Neu Affoltern

Gleiches Verhalten begegnet man im Finanzsektor. Obwohl dieser Parallelen, sind sich die weltweit unabhängigen Oekonomen zum Teil längstens über die Negativfolgen der egozentrischen Verhaltensweisen der Finanzakteure auf den reellen gesellschaftlichen Kontext bewusst (siehe dazu den oben erwähnte Gedankengang von V. Pareto). Im Gegensatz zu den Architekturapologeten, die weiterhin Loblieder über die einzelnen Bauten und Arealüberbauungen schreiben, in völliger Ignoranz der externen Effekte welche diese verursachen.  – Warum dies in Bezug auf über Architektur Schreibende so ist, kann man vermuten:
• Erstens: dem Kontext fremde Bauten haben unmittelbar keine direkt bewusste Auswirkungen auf die Existenz der Menschen; das heisst deren Nebeneffekte auf das soziale Umfeld wurde bis anhin nicht erforscht.
• Zweitens: Kontext fremde Bauten fallen auf und somit liefern sie Gesprächsstoff. Fachzeitschriften leben vor allem von den Inseraten der Bauzulieferwirtschaft, für deren Werbeeinnahmen sind Kritiken jeglicher Art kontraproduktiv, und Themen über städtebauliche Zusammenhänge bringen keine Inserate.
• Drittens: ein Architekt kritisiert den anderen nie, aus Angst als Futterneider stigmatisiert zu werden.
• Viertens: es ist die föderalistische Politik, welche konzeptmässiges Denken verhindert, jeder entwirft vor sich her und unternimmt alles um sich gegenüber den Nachbarn zu differenzieren.

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Dietikon b. / Zürich

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Dietikon b. / Zürich

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Oerlokon

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Oerlikon

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Oerlikon

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung
Oerlikon

 

 

 

 

 

 

Der Kontext liefert den Charakter einer Stadt oder Quartiers, nicht die Einzelbauten.
Um ersprießlichen Städtebau zu erzielen, geht es nebst der Planung der Infrastruktur vor allem, – nein sogar hauptsächlich, – um die Form und Definition der Aussenräume oder Zwischenräume und nicht um die Form der Bauten an sich. Wichtig sind die Strassenräume und die Plätze, also das Verhältnis der Bauten unter sich und wie diese Aussenräume benutzt werden. – An allen Orten weltweit wo die urbanen Aussenräume stimmen, gehen die Leute hin, und halten sich dort auch gerne auf. Die Aussenräume müssen den Fussgänger führen und müssen das Gefühl des räumlichen Überblicks geben und auch Geborgenheit ausstrahlen. Dieses Gefühl ist vom Massstab unabhängig, solange der Aussenraum definiert ist. – Vergleiche dazu zum Beispiel ein Spaziergang durch  die Niederdorfstrasse in Zürich oder einer entlang der Parkavenue in New York oder der Regent Street in London. – Diese Räume sind klar definiert und geben den Fussgängern das Gefühl, dass sie beim Spaziergang nichts verpassen. Es sind eben diese Stadtteile welche uns die Touristenbusse zeigen und nicht in die überall auf der Welt zufällig entstandenen Agglomerationen gespickt mit Anneinaderreihungen von autistischen Entwürfen, welche letztendlich nach einer Weile, beim Betrachter lediglich ein ermüdendes Kermessesyndrom auslösen.
Die historischen Stadtteile sind weltweit so beliebt, weil diese eben die drei Grundeigenschaften welche einen gelungenen Stadtteil ausmachen, ausweisen:
1. Klar definierte, also sinnlich spürbare (ästhetische) , Aussenräume.
2. Durchgehend definiertes Konzept über grössere zusammenhängende Areale
3. Einheitliche Materialisierungen und Volumina mit Ausnahmen an vorgängig definierten Orten.

Typisches Beispiel von urbaner Unordnung Prag

Typisches Beispiel von urbaner Ordnung Prag

Typisches Beispiel von urbaner Ordnung Amsterdam

Typisches Beispiel von urbaner Oordnung Amsterdam

Brügge

Typisches Beispiel von urbaner Ordnung Brügge Belgien

 

Niederdorf Zürich klar definierter Raum

Niederdorf Zürich
klar definierter Raum

Park Avenue New York klar definierter Raum

Park Avenue New York
klar definierter Raum

Regent Street London klar definierter Raum

Regent Street London
klar definierter Raum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei Orten mit Wasseranstoss von mehreren Seiten her , wie z.B. in Oslo, Hamburg, Rotterdam oder Singapur ist man in der Gestaltung freier, weil die angrenzenden Wasserflächen dazu den über ordnenden Rahmen bilden.

z.B Oslo

z.B Oslo

z.B. Rotterdam

z.B. Rotterdam

z. B. Singapur

z. B. Singapur

Somit sei hier festgehalten: die urbanistische Ursuppe wurde längst gekocht, sie muss nicht neu erfunden werden.- Das bedeutet,   über grössere Areale welche sich durch natürliche landschaftliche Gegebenheiten unter sich abgrenzen: klar vordefinierte Konzepte, und somit strengere Gestaltungsregeln, an welche  sich die Bauenden halten müssen. Die Abgrenzung von landschaftlichen Gegebenheiten von einem Raumbild zum Anderen, können mittels Parzellen Melioration auch die mit der ökonomischen Entwicklung notwendige urbane Skalierungen aufgenommen werden. Die Gesellschaft darf sich nicht wie bis anhin auf die Innovationskraft der Architekten verlassen. Diese wollen vor allem eines: Dass ihre Bauten in Zeitschriften publiziert werden und wenn nicht dann berappen diese eben selbst eine Monographie mit finanzieller Hilfe der Bauzulieferindustrie. – Architekturmonographien, die ausser einigen Praktikanten, angesichts der enormen Bilderflut im jetzigen Zeitalter, ohnehin niemand mehr anschaut, – geschweige den liesst. Und die darin angebliche “Innovation”, sich lediglich auf die Form beschränkt, und von neuem Inhalt weit und breit nichts zu sehen, geschweige den zu lesen ist. Die Grundinnovationen im Städtebau und im Bauwesen kommen von den Natur-, Ingenieur- und Materialwissenschaften, aber nicht von den Architekten. Man denke nur schon an die simple Tatsache: „was währe die zeitgenössische Architektur: wenn es das Silikon nicht gäbe“ ?!

Was hat nun die angenommnen Masseneinwanderungsinitiative mit all dem oben vorgeführten zu tun?
Antwort: Es ist diese willkürlich gebaute Suburbiahässlichkeit, welche sich auf Grund der Bevölkerungszunahme in den letzten Jahren in der ganzen Schweiz wie ein Krake, ohne Rücksicht auf die sehr delikate voralpine Schweizer Landschaft, geprägt von der speziellen Topographie und Vegetation, ausbreitet und somit Assoziationen mit dem Wort Überbevölkerung hervorgerufen haben. – Dies erklärt auch weswegen vor allem die Land- und Vorortbevölkerung, und nicht die Stadtbewohner der Masseneinwanderungsinitiative zugestimmt haben. Es ist diese Bevölkerungsschicht welche dieser „urbanistischen Unordnung” tagtäglich ausgesetzt ist; und nicht die Stadtbevölkerung, wo die Urbanstruktur längstens definiert ist und durch die Einwanderung baulich weniger  tangiert wird.

Zusammenfasend kann man somit die These aufstellen, dass die hiesige Raumplanung und deren Politik, letztendlich versagt haben.

 

Ps. Alle hier präsentierten Fotos stammen aus dem Internet

  • Dass die Nachbarschaft gegen dieses Projekt Rekurse eigereicht hatte wusste ich nicht.  Der kürzlich publizierte Bundesgerichtsentscheid über dieses Projekt bestätigt meine These vollumfänglich. – Da waren profilierungssüchtige Planer, Juroren und Beamte am Werk welche sich auf Kosten der Umgebung einen Namen als “INNOVATIVE” machen wollten.
  • Übrigens eine “Innovation” welche einem grundlegenden planerischen Gedankenfehler entstanden ist: Nämlich ein Blockrand macht nur dann Sinn, wenn er in einem Verbund von weiteren Blockränder integriert werden kann und somit Teil eines Systems wird. –  Ich frage mich schon, was für angebliche “Fachleute” da mitentschieden haben……….5. Sept. 2016

 

Der Hafenkran ist kein Ready made

Sind der Hafenkran an sich und die Hafenkraninstallation am Zürcher Limmatquai Kunst, wenn ja welche makrokulturellen Zusammenhänge lassen sich dann ableiten?

Einleitung .

Es ist erstaunlich wie gross die öffentlichen Reaktionen vor und nun auch auf dieses Begebnis waren. Erstaunlich ist auch, dass der grösste Teil dieser Reaktionen, (laut Recherchen von SRF Kultur), die Installation Hafenkran zu 65% ablehnen, 20% positiv zum Hafenkran stehen und 15% dieser Begebenheit indifferent gegenüberstehen. Die grosse Frage ist: Warum ist die Ablehnung derart massiv? – Grob gesagt würde ich nebst dem immer wiederkehrenden unnötigen Politikgezänk, ein generelles, bewusstes oder unbewusstes, Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der herrschenden „neoliberalen“ Durchlässigkeit von Konsum, Kunst und Kommerz identifizieren. – Also ein berechtigtes Unbehagen der Allgemeinheit gegenüber der willkürlichen Synkretismusorgie, wo es immer unmöglicher wird, die Wahrhaftigkeit einer Kunstintention zu erkennen.

Bevor ich den Versuch unternehme zu bestimmen ob der Hafenkran an sich, und die räumliche Intervention mit dem Hafenkran nun Kunst ist oder nicht, möchte ich; mit einem spekulativen Gedankenexperiment beginnen: Nehmen wir zwei Möglichkeiten an:

  • erstens: am Ort des jetzt aufgestellten Hafenkrans wäre eine abstrakte Skulptur im gängigen Sinn, aufgestellt worden.
  • zweitens: der Hafenkran wäre z. B. entlang der Zürichsee Promenade, oder am Platzspitz aufgestellt worden.

– Wie würden die Leute auf diese zwei Möglichkeiten reagieren? –

Im ersten Fall wären fast keine Kommentare zu erwarten, und im zweiten Fall wären einige Kommentare der Betrachter zu erwarten vor allem in Bezug auf die Kosten, in Bezug des Sinns oder den Zweck einer solchen Aktion, ev. würde der Kran an sich auch Gegenstand von Kommentaren, die Anzahl der Kommentare würden sich aber in Grenzen halten. Warum nehme ich an, dass dies so wäre? Zum ersten Fall, – dem einfacheren: – Die Leute haben sich in der heutigen Zeit längstens daran gewöhnt, Kunstgegenstände mit eigenmächtigen Ausdehnungen zu betrachten und solche gelegentlich auch auf öffentlichen Plätzen zu sehen. Und wenn es sich z.B. um einen „namhaften“ Künstler handelt glaubt man einfach, dass es Kunst ist; ohne weiter das Werk an sich zu analysieren und zu hinterfragen wie dieser Künstlername vermarktet wurde.

Währendem die zweite Annahme etwas komplexer ist; – warum: weil in diesem Fall ein Hafenkran keine willkürliche Form ist, und für den Bau des Hafenkrans kein angeblicher Künstler steht, und der Hafenkran in einer Umgebung stehen würde die unabhängig von einer mittelalterlichen Altstadtkulisse ist, welche im Zusammenspiel mit dem Kran eine optische Massstabsvibration hervorruft, welche von der, vom Autor, öffentlich intendierte Absicht ablenkt: Nämlich der Erzeugung von Fernwehgefühlen. Die Betrachter würden in diesem Fall mit dem dazu nötigen ästhetischen Freiraum eher unvoreingenommen die Konstruktion des Krans an sich auf eine objektive Weise analysieren. Selbstverständlich würde auch in diesem Fall der Sinn dieser Installation hinterfragt; mit Sicherheit aber würde der zweite Fall, keine so grosse Aufmerksamkeit hervorrufen wie die tatsächliche Platzierung des Hafenkrans am Limmatquai.

Liest man die vielen eingereichten Kommentare durch, so ist eines sicher, fast keine nehmen Bezug auf die vom Künstler kommunizierte Absicht dieser Aktion; nämlich das Hervorrufen eines sanften Fernwehs. Der Effekt den dieser hervorruft oder erzeugt, geht in eine ganz andere Richtung. – Es ist zu vermuten, dass die versteckte Intention des Künstlers auch dieser Zusatzeffekt ist, welche er hervorgerufen hat, nämlich das Gegenteil eines sanften Fernwehgefühls; dies aber vorgängig der Auftragserteilung aus politischen und psychologischen Gründen in ein romantisches „Gehäuse“ gekleidet hat um die bewilligende Behörde nicht allzu stark zu provozieren; das heisst die latent vorhandenen Vorurteile bei konservativ eingestellten Politikern a priori hervorzurufen, welche das Vorhaben hätten gefährden können.

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Vorabklärungen zur Eingrenzung der Eingangsfragen

Im Buch, Einführung in die philosophische Ästhetik der Philosophin Maria E. Reicher izählt sie fünf Theorien auf, welche sich im Laufe der Zeit gebildet haben um Kunst zu definieren, demnach was Kunst im ästhetischen Sinn, als sinnliche Wahrnehmung ist. Darin beschreibt sie diese Theorien ausführlich und erwähnt auch deren Unzulänglichkeit bei den praktischen Anwendungen. Um diese Unzulänglichkeiten zu umgehen präsentiert Frau Reicher auch noch eine sechste, eigene Theorie.

Diese Theorien sind, hier sehr kurz zusammengefasst, folgende:

1. die Darstellungstheorie, 2. die Ausdruckstheorie, 3. der kunstästhetische Formalismus, 4. die Institutionstheorie, 5. die Theorie der Familienähnlichkeit, und schliesslich 6. die Kommunikationstheoretische von Frau Reicher

1. Die Darstellungstheorie: ist die älteste Kunsttheorie, gemäss dieser muss jeder Kunstwerk etwas darstellen beziehungsweise auch nachahmen. Diese scheiterte aber an Gegenbeispielen der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts oder der Musik und der Architektur. 2. Die Ausdruckstheorie: gemäss dieser muss jedes Kunstwerk einen bedeutenden Gehalt ausdrücken. Diese Theorie ist deswegen unbefriedigend weil nicht alles was einen bedeutenden Gehalt ausdrückt ein Kunstwerk ist. 3. Der kunstästhetische Formalismus. Gemäss diesem sind Kunstwerke durch bestimmte Formen charakterisiert, es ist aber unmöglich dass in allen Kunstwerken eine gemeinsame Formen gibt. 4. Die Institutionstheorie: gemäss dieser werden Gegenstände zu Kunst, wenn diese von der Kunstwelt als Kunst anerkannt wird; oder. besser gesagt zur Kunst deklariert wird. Die Negativkonsequenzen laut Frau Maria E. Reicher ist das Problem der nicht entdeckten Werke, welche somit keine Kunst sein können. 5. Die Familienähnlichkeitstheorie. Gemäss dieser Theorie besitzen alle Kunstgattungen einige ähnliche Merkmale, diese Theorie hat aber den Mangel, dass sie nicht erklären kann wann und warum das Wort Kunst verwendet wird. 6. Die Kommunikationstheoretische Definition der Kunst“, diese stellt die Interpretation des Autors in den Mittelpunkt, das heisst: wenn der Autor durch sein Schaffen eine ästhetische Absicht intendiert, ist das Kunst. Der Vorteil dieser Theorie ist laut der Autorin, dass alle Kunstrichtungen abgedeckt sind und somit keine ausgeschlossen wird, der Nachteil aber ist auch laut der Autorin, dass sie zu weit gefasst werden kann, und somit kein Instrument in die Hand gibt den Kitsch auszusondern.“

Die Knacknuss bei den ersten fünf Theorien ist, dass diese Theorien generalisierend sind, und somit für jedes „Kunst“ Werk, zur entsprechenden Theorie, die passende Eigenschaften zu finden sind (nach dem Form; – x ist genau dann ein Kunstwerk wenn x mit der Definition der entsprechenden Theorie übereinstimmt), welche für die Definition von Kunst für alle Kunstrichtungen und Epochen eingesetzt werden können! – Und solch universell anwendbare Eigenschaften gibt es schlichtweg nicht; und auch deswegen nicht weil jeder Kunstschaffende der etwas auf sich hält, alles daran setzt, keine Eigenschaften zu produzieren welche bereits in eine bestehende Theorie passen würden. Meiner Ansicht nach, ist die Institutionstheorie, seit der Liberalisierung der Finanzmärkte auch höchst problematisch, da diese im heutigen Geiste der Hochfrequenzspekulation dem ebenfalls zügellosen Kunstbranding Tür und Tor öffnetAuch die bei der Kommunikationstheorie würde ich das Wort „minderwertige Kunst“ anstelle von Kitsch gebrauchen, weil es für Kitsch, bis dato meines Wissens, keine brauchbare Definition gibt.

Tiefgründigkeit der künstlerischen Intention.

Ergänzend zur Kommunikationstheoretische Definition der Kunst würde ich die Tiefgründigkeit der künstlerischen Intention ins Feld führen. Bei dieser Methode liegt die intellektuelle Arbeit der Kunstdefinition, bei Werken, wo die sinnliche Wahrnehmung nicht a prima vista erkennbar ist, bei der Beurteilung der Tiefgründigkeit der Intention. Das heisst nebst formalen Objektanalysen, soll vor allem mittels Gespräche mit dem Autor analysiert werden was hinter dem Werk steckt, alternativ könnte man vor allem wenn es sich um „Gegenwartskunst“ handelt zu jedem Werk ein Art factsheet (Erläuterungsblatt) vom Autor verlangen. Mit diesem Vorgehen kann ergründet werden wie viel urteilsfähiger geistiger Input von Seiten des Autors im Werk steckt und wie viel geistiger Input von Seiten der Betrachter zum Verständnis des Werkes aufgebracht werden muss. – Wobei folgende Regel gilt: sobald die Waage des intellektuellen Aufwandes im interpretieren des Werkes auf Seite des Betrachters fällt; es sich nicht um ein Kunstwerk, sondern um ein Blendwerk handelt, und falls die Waage auf die Seite des Autors fällt, es sich lediglich um einen künstlerischen Versuch handelt, also auch kein Kunstwerk ist. Falls die „Waage“ sich in horizontaler Position begibt, es sich um ein Kunstwerk handelt. Abgekürzt könnte dieses Modell die „ästhetische Gleichgewichtstheorie“ genannt werden. – In diesem Zusammenhang sei zu erwägen, dass es weitere menschliche Tätigkeiten gibt bei welchen die Verfasser sich primär nicht als Künstler präsentieren aber bei ihrer Arbeit auch eine ästhetische Absicht verfolgen, man denke zum Beispiel an die Ingenieure, Physiker, Mathematiker etc, welche mit enormen intellektuellem Aufwand über viele Jahre dauernde Entwicklungsarbeit; komplexe und äusserst elegante Modelle unserer Welt erarbeiten, und zusätzlich noch brauchbare physische Werke kreieren welche die Menschheit weiterbringen, und wenn die Betrachter den nötigen Sachverstand mitbringen, diese Modelle und Werke absolut als schön, also auch als sinnliche Wahrnehmung empfinden. – Ob diese Personen nicht doch die wirklichen Künstler sind? – Gerade im heutigen Zeitalter, mit dem in jeder Hinsicht überbewerteten „neoliberalenii“ Kunstrummels (z. B. Art Basel), ist diese Frage eigentlich dringender den je! –

Zur ersten Frage: Ist der Hafenkran an sich Kunst?

Um diese Frage zu beantworten eignet sich die Theorie des kunstästhetischen Formalismus, unbeachtet der theoretischen Anforderung der Allgemeingültigkeit solcher Theorien, hier spezifisch für den vorliegenden Fall (Ingenieurbau) angewendet, gut. Zur Erreichung einer befriedigenden ästhetischen (sinnlichen) Wahrnehmung wurde im frühen 20.Jh. folgender formalkonstruktive Grundsatz formuliert: „die Form folgt der Funktion“. Wobei selbstverständlich vor allem in der Anordnung der Funktionen die grössere kreative Arbeit liegt über welche dann die konstruktive Form abgeleitet wird. Das hier aufgestellte Kranmodell ist eindeutig ein Kind dieser Zeit und Grundsatz; und somit ist dieser Kran: Kunst! – Die ontologische Frage, wo die Wesenseinheit Kunst dieses hier aufgestellten Krans nun tatsächlich ist, ob bei der Aufgabenstellung, den Berechnungen dem Entwurf oder beim Prototyp etc. ist für unseren Zweck nicht von Belang, da die sinnliche Erfahrung auch mit diesem „xten?“ Modell voll vorhanden ist. Fundierte Argumente warum dieser Kran an sich auch als schön bewertet werden kann, liefert Benedikt Loderer am 24.04.2014 unter Tages Anzeiger. ch.

Zur zweiten Frage: Ist die Installation des Hafenkrans Kunst?

Um diese Frage zu beantworten eignet sich die „kommunikationstheoretische Definition“ von. Maria E. Reicher gut. Vorgängig möchte ich aber unterstreichen, dass es nach meiner Auslegung sich beim Hafenkran, nicht um ein Ready-made handelt welches durch eine Deplatzierung in ein Kunstwerk verwandelt wird. Wie ich oben bereits abgeleitet habe, ist dieses Hafenkranmodell an sich schon ein Kunstwerk und zwar ein Ingenieurkunstwerk der Moderne. – Dass mit der Deplatzierung und Installation des „Mediums Hafenkran eine ästhetische Erfahrung intendiert wird“ steht ausser Frage, dies hat der Autor auch so kommuniziert. Somit ist diese Begebenheit nach der Definition oben: Kunst! Die weitere Frage lautet nun, welcher Wert (nicht pekuniärer) hat diese Kunst, oder wie tiefgründig oder bedeutungsvoll ist diese Installation? Der Hafenkran wird in seiner neuen Umgebung „ verfremdet“ und dadurch gibt er keine Antworten sondern ruft Fragen hervor (eigentlich eine dekonstruktivistische Attitüde) welche interpretiert werden können. – Da ich den Autor nicht kenne und auch kein Autorenerläuterungspapier zu dieser Installation vorliegt, besteht, nach meiner persönlichen Charakterisierung, die kreative und geistige Leistung in der Installation dieses und genau nur dieses Hafenkranmodells; und exakt an dieser Stelle und nur an dieser Stelle wo er jetzt platziert ist. Auch die Positionierung des Krans, wie die Ausrichtung, der Kabine und des Auslegers , senkrecht zur Limmat, zur Erzeugung von räumlicher Spannung, beweist, dass der Autor sich vorgängig genaue Gedanken über die Proportionen des Krans in Bezug auf seinen zukünftigen räumlichen Kontext gemacht hat. Der Krangrundriss ist passgenau mit der Platzabmessung. Auch in der dritten Dimension korrespondiert der Krankörper, (obgleich seiner Grösse, Form, seiner ortsfremden Urfunktion, in diesem räumlichen Kontext fremden Dreibeinabstützung) mit der Altstadtkulisse und dem offenen Limmatraum. Das heisst er „sitzt“ räumlich in der Situation. Aus dem oben Erwähnten, kann deduziert werden, dass der Autor nebst den Abmessungen mit der Auswahl dieses Kranmodells, sich Gedanken über weitere mögliche Bezüge zwischen dem Kran und seinem Kontext gemacht hat; und damit ergibt sich nach meiner Auffassung ein Messinstrument zur Wertung dieses Werkes : Der Wert eines Kunstwerkes, ganz allgemein, ist direkt proportional zur Anzahl seiner Deutungsmöglichkeiten. Und falls die Deutungen abstrakt genug sind, können davon weitere abgleitet werden. In diesem Fall, mit der Installation des Krans an genau diesem Ort, entstehen etliche; ich erwähne hier nun fünf etwas genauer:

Erstes Beispiel, die Frage der räumlichen Integration: So wie das Grossmünster mit seiner Grösse und der 45° Stellung zur Umgebung, und die Frauenkirche im städtebaulichen Kontext integriert sind, – sitzt auch der Hafenkran, somit temporär als dritter Referenzpunkt in diesem Abschnitt des Limmat Raumes, obschon seiner differenten Ausdehnung, Form, Material, Erstellungszeitraum und Funktion.

Zweites Beispiel, die Frage des Massstabes. Man beachte diesen Kran sorgfältig, im Gegensatz zu all den vielen in Zürich herumstehenden Baukränen, besitzt dieser einen menschlichen Massstab und genau dieser Massstab steht im unmittelbarem Dialog mit dem ebenfalls menschlichen Massstab der umgebenen Altstadtkulisse. Sein Massstab ist menschlich, weil er sich (ähnlich mit dem menschlichen Körper) in drei Teile gliedert; es sind dies, die Dreibeinstützen welche ermöglichen den Kran horizontal zu verschieben, der Rumpf welcher erlaubt den Kran um die eigene Achse zu drehen und der Ausleger welcher sich heben und senken kann. Auch die Steigtreppen mit ihren Geländern sind zur Menschengrösse passend ausgeführt und der Weg vom Boden zur Führerkabine und weiter hinauf auf das Motorraumdach ist sensibel geführt und gestaltet, dieser Weg gleicht somit einem architektonischen Rundgang. Die Massstäblichkeit der Altstadtkulisse wird dadurch relativiert, diese Tatsache verunsichert und Unsicherheit löst Angriffslüste aus. Deswegen die grössere Anzahl der eingangs erwähnten negativen Kommentare……

Drittes Beispiel, die Frage der direkten Gegenüberstellung zweier Baustile auf derselben Plattform. Einerseits der moderne Kran und anderseits der postmoderne Anbau an die Polizeiwache. – Einerseits der logisch nach funktionellen, mechanischen und statischen Vorgaben, aber trotzdem höchst subtil funktional zusammengesetzte und konstruierte Kran, und anderseits das pure Gegenteil, ein diesem städtebaulichen Kontext, massstäblich unterdimensioniertes Volumen, gestückt mit willkürlichen Zierwerken wie zum Beispiel Galerien welche lediglich zu einer blinden Mauer führen, und einer unfundierten, baulich überbetonten ziellosen Symmetrie. An diesem beiden Anschauungsobjekten, kann man beispielsweise die kulturhistorische Problematik, der Ablösung der modernen Meta Erzählung, durch den postmodernen Relativismus ergründen, und das derzeitige Ringen von NGOS und Gelehrten zur Überwindung des immer noch im Geiste des postmodernen Laisser-faire ungezügelten Finanzwirtschaft und den globalen Praktiken von Transnationalen Firmen durch Zügelung einer langsam aufkeimenden, sich entwickelnden Rückkehr zu den Grundwerten, zweiten Moderne rechtfertigen. (Siehe zu diesem Thema auch Ulrich Beck und weitereiii)….

Viertes Beispiel, die Frage des Kunstobjektvergleiches. Ganz nach dem Grundsatz: „Die beste Kritik an einem Kunstwerk ist ein anderes Kunstwerk“. Hier ergeben sich für Kunstinteressierte unzählige Vergleichs- und Diskussionsmöglichkeiten; sowohl für tiefsinnige, wie auch für oberflächliche. Wie zum Beispiel, in einem Beitrag in srf/kultur, wird Max Bills Pavillonskulptur entgegengesetzt zum Hafenkran als gute Kunst schöngeredet und der Kran als künstlerisch bedeutungslos dargestellt. Vergleicht man aber die sinnliche Erfahrung beider Werke muss ich doch entgegnen, dass die des Hafenkrans vieldeutiger und aufregender ist, als das eindeutige „Stonehendge -Derivat“ an der Bahnhofstrasse wo es nichts zu interpretieren gibt. Auch was den geistigen Input anbelangt kann nicht geleugnet werden, dass hinter dem Hafenkran nebst formalen Qualitäten auch zusätzliches Wissen wie Mathematik, Materialphysik, etc. steckt, was man von der Pavillonskulptur nicht sagen kann. Nicht umsonst werden Wissensfächer in harte und weiche kategorisiert, und die meisten Subjekte welche sich als Kunstsachverständige geben, scheuen die harten. Der Kran kommt aus der Küche der harten….

Fünftes Beispiel, die Frage des Zeitgeistes Allgemein spriessen im Moment immer mehr Möbelläden, Restaurants, Bars, Kleiderläden etc. aus dem Boden, die auf Vintage stylen. Der rostende Kran ist das momentane Vintageobjekt in Zürich schlechthin, da könnte man sich fragen woher könnte dieses Bedürfnis nach vergangener Geborgenheit wohl kommen? Laut den französischen Philosophen André Compte-Sponvilleiv und Michel Serres, „ist das heutige Zeitalter durch verbreitete gesellschaftliche Bindungslosigkeit bedroht, die Bürger sind unfähig miteinander zu kommunizieren, und somit nur noch in der Lage sind , ihre kleine Privatsphäre liebvoll zu kultivieren , was die Soziologen als Cocooning (sich einhüllen) nennen.“ Übrigens sind diese Individuen gute Konsumenten welche unsere rasende Konsumgesellschaft aktiv unterstützen. Anderseits aber auch auf der Sinnsuche mittels Esoterik sind,; aber sich auch zur Erreichung einer zweiten Moderne in einer NGO engagieren und Vorlesungen über Wirtschaftsethik fleissig besuchen- ……

Je nach kulturellem Hintergrund und Interesse jedes Individuums gibt es natürlich noch weitere Bezüge welche beim betrachten des Krans in seinem Kontext Limmatquai hergestellt werden können, wie z. B. historische, handelspolitische, Zürich und die Welt, sozialpolitische, Genius loci, psychologische etc.. und dank seiner Transparenz auch unzählige räumliche Durchblicke und Ansichten.

Ich belasse es mal hier, und komme zur Konklusion; es handelt sich bei dieser Installation um: exzellente Kunst!

i 2010 WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt, Seiten 128 bis 167,
ii Das weltweit jährlich herumschwirrende Kapital übersteigt, dank der rein spekulativen und unproduktiven Finanzwirtschaft ein x-faches das weltweit produzierte Bruttoinlandprodukt, welches nach Anlagemöglichkeiten sucht und somit auch den Kunstmarkt aufbläht.
iii Beck Ulrich, Was ist Globalisierung Frankfurt a. M. Suhrkamp, 1997 S. 13-32
iv André Comte-Sponville, Kann Kapitalismus moralisch sein?, Diogenes Seite 40